DAS ENDE MEINES WEGES


 

Das Ende meines Lebensweges
liegt noch im Nebelschleier,
verborgen hinter dürrem Holz,
getrennt durch tiefe Weiher.

Und sollte sich der Nebel lichten,
das  Holz im  Wintersee versinken,
wenn Brücken zu den Weihern führen,
dann werde ich dem Fährmann winken.

Dann schick ich dir das Abendrot
zu leuchten mir den dunklen Weg,
den wir beschreiten Hand in Hand
bis hin zu jenem letzten Steg.

Zurück bleibt Liebe, nichts als Liebe,
an der dein Herz sich wärmen soll.
Doch ist das Ende meiner Zeit
noch nebelgleich geheimnisvoll.

 

Wegekreuze 


 

 

Ausgewaschen scheinen mir die Tage.
Die Zeit verblasst und auch der Weg.
Im Nebel liegend sind noch Spuren,
führen über manchen schiefen Steg.

Blätterwerk verdeckt nicht meine Trauer,
Blumen ohne Farbe kreuzen meine Fährte,
die keiner lesen kann und niemand will.
So bleibt die Macht der Liebe in mir still.

Steine säumen meinen raschen Weg,
der hin mich führt und wieder fort,
dichtverwoben suche ich das Wort.

Das Wort, das meine Irrung leitet
zurück auf geraden aufgeräumten Pfad.
Er zeigt mir meiner Wünsche Grad.

 

 

Warten

 



Warten auf den frühen Morgen,
wenn die Nacht so finster ist,
auf die allbereiten Sorgen,
Streit und Kummer, Hinterlist.

Warten auf die helle Sonne,
wenn der Himmel trübe ist,
auf die Stunden voller Wonne,
deines Lebens Komponist.

Warten auf den kühlen Regen,
der die Welt von Staub befreit,
da auf allen diesen Wegen
Bitterkeit nach Hilfe schreit.

Warten auf die Sommerrose,
die in aller Pracht erblüht,
auf die lila Herbstzeitlose,
die den Winter kommen sieht.

Warten auf ein liebes Wort,
das den Tag erträglich macht,
träumen hin zum Zufluchtsort,
warten auf den Schlaf bei Nacht.

Warten, dass die Tage gehen,
auf das tiefe Abendrot.
Scheint das Leben stillzustehen -
warten auf den nahen Tod...

 

 

Getragen, gefangen, gefunden                   


Getragen von den Schwingen schöner Träume,
gehalten vom Geheimnis einer Nacht,
so gleite ich auf Wolken und versäume
den Tag, der meine Seele traurig macht.

Gefangen von den Worten der Sirene,
verirre ich mich in der Welt des Scheins,
verlier mich in den Gassen von Mykene,
inmitten des antiken Urgesteins.

Gefunden von des Tages heller Sonne,
erhebe ich mich aus der Dunkelheit,
erkenne meinen Irrtum voller Wonne,
vergesse endlich die Verletzlichkeit.

 

PANTA RHEI


...und so fließen die gedanken
immerwährend, immerfort
pausenlos und ohne schranken
schwerelos von ort zu ort
halten niemals nirgends inne
hindernisse gibt es nicht
plätschern eng durch jede rinne
fließen aus der dunkelheit ins licht

schlängeln sich durch schmale gänge
bis sie groß, ja riesig sind
überwinden jede enge
bis sie ein gelehrter find

doch auch er erliegt dem flusse
der gedanken, die ihm fliehn
und er kommt zu allem schlusse
 dass sie endlos weiterziehn...

 

ZEIT IM FLUG


 

Die letzte Uhr auf dieser Welt
verkündet mit dem Glockenschlag
die Zeit, die uns noch bleibt, und hält
in ihrer Hand den einen Tag,
der irgendwann im Licht vergeht
um nie mehr aufzuwachen

Die letzte Stunde dieser Welt
verweht gleich einem Flügelschlag,
der träg sich aus den Federn schält,
wenn auch der Morgen vor uns lag
und jedes Tor weit offen steht,
 um Feuer zu entfachen

 

DER UHREN BLATT ZEIGT MIR DIE STUNDE



Der Uhren Blatt zeigt mir die Stunde,
die morgen schon vergangen ist.
Die Zeiger drehen ihre Runde
und geben unbarmherzig Kunde
von Zeit als unsrer letzten Frist.

Versunken folgt mein leerer Blick
dem Springen der Sekunden.
Es ist, als wäre es ein Trick
der letzten Erdenstunden.

Die Uhren bleiben einmal stehn
wenn alle Welt verlassen ist,
wenn Trümmer stürzen mit Gedröhn
wie es kein Auge je gesehn
 und wenn verloren jeder Christ.

Die Stadt schläft

 


 

Das Licht goldner Kuppeln bricht sich im Fluss,
der träge und schwer hier landabwärts fließt.
Kein Ton ist zu hören, denn es schläft tief
die Stadt, die sich um die Hügel ergießt.

Am Ufer bin ich heut die schwarze Gestalt,
steh reglos und lausche und späh in die Nacht.
In meinem Kopf drehn sich die Gedanken,
die ich mir seit vielen Jahren gemacht.

Sie kreisen und lassen mich ruhig sein,
wie der Fluss und die Stadt in der Ferne.
Ich steig in das kalte Wasser hinab,
vor mir die entspiegelten Sterne.

 

In Häuserschluchten 
 


Dunkel die Straße, schmutzig das Licht,
ein Ruf, der sich in den Gassen bricht,
dort rennt ein Mensch und zwei hinterher,
sonst niemand zu sehen, alles ist leer.

Schritte verklingen, ein Fetzen Musik,
aus der offnen Türe ein furchtsamer Blick.
Kann sein, dass wir uns zu lange suchten
in den gespenstischen Häuserschluchten.

Sie brachten dich irgendwann doch nach Haus.
Ein hilfloser Schrei: Wie siehst du denn aus!
Zerschossenes Bein und klaffende Wunden -
so haben sie dich im Park gefunden.

Kein Tag verging, an dem wir nicht fluchten
über verdammte Häuserschluchten!
Die alles verschlucken, Freund oder Feind!
Und die keiner der Menschen ehrlich beweint.

Will Licht dir sein


 

Ich weiß nicht, ob ichs wagen soll,
hinabzusteigen auf den Grund.
Ich seh mich wandeln im Morast
in meiner letzten Stund.

Bis dahin will ich Licht dir sein,
ein Leuchten deines Weges,
werd Wasser, Erde sein und Stein
und leb nicht mehr vergebens.

Ich schau so tief, ich blick hinab,
nicht gern lass ich mich ziehn.
Ich blicke in mein fernes Grab,
 muss diesem Anblick fliehn. 

Am Grab meiner Mutter

 


Ich steh voller Ehrfurcht vor deinem Grab.
Du bist meine Mutter, das ändert sich nie.
Ich denke an dich nur in Melancholie.
Da senk ich den Blick in die Erde hinab.

Vergessen hab ich, dir etwas zu sagen.
Nun ist da nur eines, was mir noch blieb:
Der Stein. Darauf steht: Ich habe dich lieb.
An allen diesen gemeinsamen Tagen.

Ich gehe und wende mein Aug nicht zurück.
So bleibst du mir fern und doch immer nah.
Nach vorn in die Welt zeigt mein trauriger Blick.

Ich will nicht dran denken, was damals geschah,
doch Teile des Lebens sind vom Schatten ein Stück.
 Ich will daran glauben, was ich in dir sah.

Noch einen Sommer


Einen Sommer noch möcht ich erleben,
im Farbenspiel des Himmels sein,
möcht Blütenträume atmen, streben
zum Meere hin, im Abendschein.

Erwandern möcht ich mir die Berge
und Steine unter Füßen spürn,
will Riesen treffen und auch Zwerge,
möcht alle Früchte ausprobiern.

Auf der Haut das Salz des Meeres,
gedankenvoll und zärtlich sein,
im Abendwind ein Wort, kein leeres,
wird von dem Zweifel uns befrein.

Noch einen Sommer möcht ich leben,
noch einmal glücklich sein mit dir,
die schönsten Blumenmuster weben,
 das wär des Lebens höchste Zier.

 

Wenn ich tot bin

 


Wenn ich tot bin, begrab mich unter Sternen,
lass dunkelgrünes Gras die Stätte decken.
Ein alter Baum soll seine Krone strecken,
lass Freunde ein Vergissmeinnicht entdecken.

Setz mir am Fuße windgeschützte Lichter,
sie sollen leuchten mir in dunkler Nacht.
Sie sollen schützen mich und halten Wacht,
bis mir der Tod auch dich hierher gebracht.

Vereint sind wir als Tropfen in Zisternen,
wenn unser Leib vergeht mit aller Macht.
Doch vorher weile mitten in der Blumenpracht,
die du in Liebe für mich mitgebracht.

Nun komm, begrab mich unter Sternen.
Sä grünes Gras in schwarze Erde.
Frag den Baum, ob er mich kühlen werde.
 Und weine nicht. Ich bin in Heimaterde.

 

VERGESSEN


 

Vergessen hast du die Rosen am Haus,
die Wege, den Park und die Lieder,
die einst wir unter Bäumen gesungen,
die Zeiten, sie kehren nie wieder.

Vergessen ist auch das zärtliche Wort,
der Garten und seine Sonne bei Tag,
der Mond und der Stern in  seidener Nacht,
der einmal die große Liebe bewacht.

Verloren sind all die Stunden vom Glück,
die du in Zeiten der Liebe empfangen,
vorbei die Erinnrung an Blumen und Blick,
all das ist schon lange vergangen.

Verloren sitz ich auf der alten Bank,
der Farn ist schon hoch und ich weine.
Verlassen bin ich, einsam und krank,
 mein Herz wiegt schwerer als Steine.

 

UNFASSBAR


 

Und wieder kam ein Ton daher,
von irgendwo und irgendwer
hat ihn gesungen leis und tief,
mir war, als ob ich danach schlief.

Und wieder spürte ich den Traum,
der mich zerbricht und den ich kaum
erfassen kann: Er weht wie Staub,
ist federleicht wie trocknes Laub.

Und doch verwischt er meine Spur,
dass nichts mehr bleibt als Leere nur.
Und wieder kommt der Ton daher
von irgendwo, so tief und schwer.              

 

SCHRITTE IM NEBEL


Lautlos federn meine Schritte
zwischen faulem Laub und Moos.
Was ich nun für mich erbitte,
lässt mich heute nicht mehr los.

Schweigen wohnt in allen Bäumen,
schließt die Türen vor mir zu.
Bleibt mir nur noch, fremd zu träumen?
Find ich niemals meine Ruh?

Nebel schlägt mir grau entgegen,
hindert mich am klaren Blick.
Scheitert an mir aller Segen,
wirft mich Widerspiel zurück?

Lautlos ist der schwere Schritt.
 Leise geht der Zweifel mit.

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